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Poetische Fotografie und leise Prosa

Der zweite Kunstband aus dem Hause Winkler liegt nun vor. Thurid Winkler erzählt in 35 kurzen Texten, was ihr im Alltäglichen Besonderes begegnet. Sie ist eine aufmerksame Beobachterin. Feinsinnig hält sie Situationen fest, die nur zu leicht übersehen und später als Ursache für Befindlichkeiten nicht mehr erkannt werden. Selbst Ärgerliches wird unaufgeregt erzählt und damit in ein anderes Licht gerückt. Das betrifft die Rüsselkäfer, die sich ein ganzes Jahr lang durch ihren Garten fressen ebenso wie die Begegnung mit dem Hutsammler, der die Pilze massakriert. Eine Monstera nimmt Rache für die Trockenzeiten, in denen sie dahinvegetieren muss. Von Kindern wird erzählt, die Freude an Musik und Neugier auf die Instrumente zeigen. Mit dem Vorwurf eine Tierquälerin zu sein, weil sie eine Pelzkappe trug, setzt sie sich auseinander und stellt sich die Frage, ob Tierliebe auch Blattläuse einschließt, die in ihren Orchideen sitzen.

Sie erzählt, wie sie als Pfand an der Tankstelle zurückgelassen wird und wie es beim Fotografen Rolf W. um das unscheinbare Teilchen, die Verschlusskappe des Objektivs, bestellt ist. Kleine Schwächen werden mit einem Lächeln serviert und stimmen heiter.

Ihre Texte werden liebevoll von Fotografien umarmt. Rolf Winkler, mit dem Gespür für das Wesentliche eines Augenblicks, blickt mit dem Auge des Fotografen auf das, was ihn umgibt. Dazu gehört natürlich das, was Thurid W. erzählt. Darauf antwortet er nicht direkt. Seine Bilder lassen sich nicht an Texte binden. Sie sind frei, gehören nur sich selbst. Selbst in der Zurückhaltung. Etwas Seltsames geschieht. Er und sie, das sind nicht wir. Er und sie, das bin ich. Ja geht das denn?

Was er sieht, lässt er uns entdecken. Er öffnet dem Betrachter Räume. Stillleben und Stil-Leben. Poesie liegt in der Luft. Da hilft uns nur eins. Zeit lassen, tief durchatmen. Dann haben wir die Chance, ganz erfüllt zu sein vom gemeinsamen Leben, was zwei Menschen mit unterschiedlichen Mitteln und unabhängig voneinander, erzählen.

Dorothea Iser


Mehrere Wochen las ich an diesem Buch. Warum hat das so lange gedauert?

Weil ich mir, wie bei einem schmackhaften Essen die Leckerbissen, also die Geschichten, einzeln und genussvoll zu Gemüte geführt habe. Und diese sind besonders: in Themenvielfalt, Ernsthaftigkeit, Nachdenklichkeit, Traurigkeit. Was mir gefällt, ist die Unaufgeregtheit, mit der Thurid Winkler erzählt, ebenso spannend wie humorvoll. So, als würden wir uns auf einer gemütlichen Couch gegenüber sitzen und ein Gläschen trinken. 
Rolf Winkler fotografiert, doch sind es nicht nur Illustrationen des Textbandes. Die Bilder empfinde ich als so professionell in Detailtreue und dem Gespür für Motive mit scharfem Blick, lange geschult und erfahren, dass sie dem Buch einen würdigen Rahmen geben. 
Was Thurid hört und er vielleicht nicht, das sieht er, spürt er, und  sie spricht es aus. Thurid Winkler schreibt Gegenwartsliteratur, die durch persönlichste Erlebnisse mir nicht nur ihre Persönlichkeit, sondern auch ihr Alltagsleben nahebringen. 
In der Geschichte "Tierquäler" auf Seite 10 musste ich besonders über das Ende schmunzeln: "Und wenn der Wolf kommt, kriegt der die Großmutter." Ach wie schön trotzig klingt das. 
Eine besondere Beobachtungsgabe finde ich in vielen Erzählungen. Originell wohl auch auf Seite 18 "Das Nachtkonzert" mit dem Zusatz www.nachtkonzert-im-bett.de Wer diese Geschichte nicht gelesen hat und nur diese Website aufschlagen will, könnte Arges denken. Doch nicht bei diesen beiden Künstlern. Oder doch? 
Und ja, wenn man auf der Intensivstation liegt, wünscht man sich fliegen zu können wie die Möwen, die Rolf mit seiner Kamera im Flug eingefangen hat. 
Die Geschichte "Pfand" weist beide als Pilzsammler aus. Aber ehe sie ihre Jagd nach diesem Waldgemüse eröffnen können, passieren einige Missgeschicke. Ich möchte laut rufen: "Aber das gibt es doch gar nicht!" Das dazugehörige Foto begeistert mich als Pilzfan. Genau so stelle ich mir die Prachtexemplare vor. 
Der Exkurs in Kindertage gelingt der Autorin. Wenige, aber aussagefähige Geschichten, die ihre Phantasie, ihre Verletzlichkeit im Kindsein zeigen. Die kurzen, prägnanten Sätze geben den Texten eine eigene Dynamik. 
Völlig überrascht hat mich das Foto auf Seite 57. Wohl kann es eine Knospe einer Pflanze sein. Ist es doch etwas anderes? Ein Kopf eines gerade geschlüpften Vogels? Ich darf meiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen. 
Rolf und Thurid beweisen Augenmaß in Form und Inhalt, wie sie ihr Leben aufbereiten. Im Großen das Alltägliche finden und umgekehrt, gelingt beiden auf beeindruckende Weise. Ich hatte meine spezielle Freude an diesem Band und bin froh, ihn mir gekauft zu haben. 
Thurid und Rolf Winkler leben seit fünfzig Jahren in Gommern im nördlichen Sachsen-Anhalt. Sie war Lehrerin, er Physiker in der Geologie. Thurid bekam 1986 den Kulturpreis der Stadt Gommern für das von ihr gegründete Kabarett. Rolf erhielt diesen Preis ein Jahr später. Das Ehepaar verbindet eine schöpferische Kreativität, die ihren Zusammenhalt, ihr enges Verbundensein ausdrückt. Rolf kann viele Einzelausstellungen seiner Fotos vorweisen, Thurid veröffentlichte ihre Texte in verschiedenen Anthologien. Beide sind Mitglieder des Burger Autorenkreises. 

Annegret Winkel

Das Buch erschien unter ISBN 978 3-942401-58-6

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